NZZ fordert Abschaffung des deutschen „Verfassungsschutzes“

NZZ fordert Abschaffung des deutschen „Verfassungsschutzes“

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Zuletzt aktualisiert 15. März 2024

Ist die Bundesrepublik Deutschland eine „liberale Demokratie“? Nein, behauptet Oliver Maksan, Deutschland-Korrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ). In einem bemerkenswerten Artikel macht er das Demokratie-Defizit des deutschen Staates am „Verfassungsschutz“ fest, dem sogenannten „Frühwarnsystem der Demokratie“.

In einer liberalen Demokratie westlicher Prägung ist das Volk der Souverän, dem der politisch jedenfalls grundsätzlich weltanschaulich neutrale Staat keine ideologischen Leitplanken vorgibt. Zumindest Teilen der bundesrepublikanischen politischen Klasse dagegen ist das Volk verdächtig. Die Menschen könnten falsche politische Ansichten entwickeln, lautet offenbar die Befürchtung. Sie würden der politischen Kontrolle und der Rechtleitung durch eine bewährte Gemeinschaft der Billig- und Gerecht-Denkenden bedürfen, nehmen die Verfechter der Idee eines vormundschaftlichen Staates an.

Zu dessen Organen gehört ein Inlandsgeheimdienst, dem politisch aktive Menschen außerhalb des etablierten Parteienspektrums grundsätzlich verdächtig sind. Der vormundschaftlichen Idee folgend, kann die Mitwirkung auch gesetzeskonformer oppositioneller Akteure am politischen Meinungsbildungsprozess nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden. Es bedarf der behördlichen Kontrolle und Einordnung. „Damit geht die Bundesrepublik einen autoritären Sonderweg“, schreibt Maksan.

Deutschland sei eine gefestigte Demokratie, bemerkt der Autor, „dennoch traut der deutsche Staat seinen Bürgern nicht über den Weg und sieht sich ständig bedroht“. Das Resultat sei der aktuelle deutsche „permanente Ausnahmezustand aus Prinzip“.

Und er bemerkt den weitgehend ideologiefreien, überaus pragmatischen Kern dieses Ausnahmezustands:

„Vor allem machen es sich die etablierten Parteien zu leicht, wenn sie etwa mit Blick auf die AfD oder früher die Linkspartei reflexartig nach dem Verfassungsschutz rufen. Sie nähren damit den lange von links, heute vor allem von rechts erhobenen Vorwurf, es gehe ihnen nicht um den Schutz der Verfassung, sondern der eigenen Pfründe. Gerade so aber geht das Vertrauen in die Demokratie, die man zu beschützen vorgibt, verloren.“

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